Ein Herz für Jogginghosen – Manuel Schumann

Danke, dass X

Das Abscheulichste, das die deutsche Sprache momentan zu bieten hat… und was wir dagegen tun können

Folge 56: Danke, dass Sie X machen

Ist es Ihnen auch schon mal so ergangen, dass Sie sich irgendwo im öffentlichen Raum bewegt haben und Sie auf ein Schild gestoßen sind, bei dem vordergründig ein Dank, in Wahrheit aber eine Bitte oder sogar ein Verbot ausgesprochen wird? Nein? Dann haben Sie noch einmal Glück gehabt. Nicht alle sind so glimpflich davongekommen.

Ich hasse „Danke, dass Sie X machen“.

Manchmal sagen wir Dinge über Umwege. Man will dem Dummbeutel, der gegenüber von einem steht, halt nicht wortwörtlich sagen, dass er scheiße ist, da muss man dann halt ein bisschen diplomatischer vorgehen. Das verstehe ich absolut. In den meisten Fällen ist das total in Ordnung für mich. Wenn das aber ein Schild macht, finde ich das ein bisschen dreist.

Aber vielleicht können Sie sich noch nicht so ganz vorstellen, was ich mit der „Danke, dass Sie X machen“-Konstruktion meine, deshalb gebe ich ein Beispiel: Früher standen auf den Mensa-Tischen der Universität Augsburg kleine Aufsteller mit der Aufschrift „Danke, dass Sie ihr Tablett selbstständig auf das Tablettband stellen“ Oder irgendwie so ähnlich, die genaue Formulierung weiß ich nicht mehr. Es war jedenfalls nicht „Meine Güte, stellt eure Tabletts halt auf das Tablettband, bevor ihr geht, ist das denn so schwer?!?“ – Ja, das wäre ein bisschen direkter gewesen, aber halt auch ehrlich und weniger hinterfotzig. Vielleicht war es ja sogar die Absicht des Schildschreibers, freundlich zu klingen, aber so wirkt das einfach nur passiv-aggressiv. Fast schon zynisch. Auf jeden Fall arrogant und bevormundend. Aus der E-Mail-Kommunikation kennt man ja den vorauseilenden Dank: Man stellt jemanden eine Frage und schließt ab mit „Vielen Dank schon mal für Ihre Antwort!“ oder so. Darüber habe ich mir auch schon viele Gedanken gemacht, denn das ist ja prinzipiell ähnlich, man bedankt sich für etwas, was der oder die andere noch nicht getan hat und vielleicht auch gar nicht tun will. Bei Schildern ist das aber trotzdem etwas anderes, denn hier tritt der manipulierende Schlechtes-Gewissen-machen-Aspekt stärker zutage. Es ist einfach unfair. Denn damit werden selbst die treusten Tablettzurücksteller unter Generalverdacht gestellt. Allen, die diese Konstruktion nicht verwenden, sage ich hiermit: Danke, dass Sie kein verlogenes Arschloch sind!

Aber ich möchte mir nicht nachsagen lassen, hier nur rumzumeckern, sondern auch konstruktiv sein. Was können wir also dagegen tun?

Vermutlich nicht viel. Aber es gibt Hoffnung. Als langjährige begeisterte Leser*innen dieser Rubrik wissen Sie natürlich, dass meine Lösungsansätze häufig darauf abzielen, den Produzenten der Sprüche den Spiegel vorzuhalten. Es wäre natürlich ein Leichtes, das hier auch zu machen, indem wir nun alle das „Danke, dass X“ exzessiv benutzen. Wie irre wäre es, wenn wir dieses Phänomen aus der geschriebenen Sprache auch auf die mündliche Sprache übertragen und als allgemeinen Ausdruck für eine Aufforderung benutzen würden? Probieren Sie es doch mal aus! Gehen Sie also zum Bäcker und sagen Folgendes: „Hallo, danke, dass mir zwei Dinkelsemmeln und eine Brezel geben“ – Der Verkäufer oder die Verkäuferin packt das Gewünschte in eine Tüte und sagt dann: „Danke, dass Sie mir jetzt gleich 2,10 € zahlen.“ Und so weiter.

Das ist charmant, leider muss ich aber zugeben, dass dieser Lösungsansatz dieses eine Mal nicht so gut greift. Denn das Problem ist, dass wir es hier mit einer mehr oder weniger anonymen Gruppe zu tun haben. Wer sind die „Danke, dass Sie X machen“-Schreiber wirklich? Was sind das für Leute? Keine Ahnung, aber ich glaube, sie halten sich für unglaublich clever. Sie meinen, einen psychologischen Trick gefunden zu haben, der die Leute dazu treibt, alles zu tun, was man ihnen vorschreibt.

Die banale Lösung lautet also: Tun Sie ja nichts, was auf diesen niederträchtigen Schildern steht! Nehmen Sie sich ein Beispiel an mir: Nachdem diese Aufsteller in der Mensa platziert wurden, habe ich aus Protest nie wieder mein Tablett aufs Tablettband gestellt. Ich möchte mich ja nicht selbst loben und tue das auch ganz selten, aber die Aktion war erfolgreich: Irgendwann wurden die Schilder wieder entfernt. Zufall? Klar ist jedenfalls: Alleine können wir nicht viel ausrichten, aber gemeinsam, ja, gemeinsam können wir es schaffen! Vielen Dank, dass Sie dieses Problem zusammen mit mir anpacken!


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